Helga König im Gespräch mit #Margarete_Bause, MdB, Sprecherin für #Menschenrechte und #humanitäre_Hilfe der Grünen Bundestagsfraktion.

Die Diplomsoziologin #Margarete_Bause (Trägerin der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber und Gold)  ist seit  dem 24. 9. 2017  Abgeordnete im Deutschen  Bundestag  für  die Partei  #Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Bause zog erstmals 1986 für Die Grünen in den Bayerischen Landtag ein und war vor deren Wiedereinzug 2003  bis 2017 Fraktionsvorsitzende der Grünen Fraktion Bayern. Seit sie Abgeordnete im Deutschen Bundestag ist, ist sie Sprecherin für #Menschenrechte und #humanitäre_Hilfe der Grünen Bundestagsfraktion.

Liebe #Margarete_Bause, es freut mich, dass Sie an dem Ethik-Langzeitprojekt "Interviews- Begegnungen mit Menschenfreunden im Netz" des Onlinemagazins "Buch, Kultur und Lifestyle" teilnehmen. Dazu nun folgende Fragen an Sie:

Helga König:  Was bedeutet Ihnen Mitmenschlichkeit?

 Margarete Bause
Margarete Bause: Mitmenschlichkeit bedeutet für mich, jeden Menschen in seiner Würde wahrzunehmen und zu achten; ihn als Menschen zu sehen, zu begreifen, zu behandeln. Mitmenschlichkeit bedeutet Humanität, Empathie, Respekt.

Helga König: Wie sollte sich Fairness gegenüber politisch Andersdenkenden äußern?

Margarete Bause: Auch der Austausch mit politisch Andersdenkenden sollte von gegenseitigem Respekt geprägt sein. Streit in der Sache ist wichtig, gerne auch leidenschaftlich, engagiert, emotional. Das ist die Grundlage einer lebendigen Demokratie. Persönliche Verunglimpfung, Beleidigung oder gar Beschimpfung oder Bedrohung, haben für mich in der politischen Auseinandersetzung nichts zu suchen.

 Helga König
Helga König: Fühlen Sie sich als Sprecherin für Menschenrechte bei den Grünen dem Philosophen Jean-Jacques Rousseau verbunden und falls ja, weshalb?

Margarete Bause: Jean-Jacques Rousseau vertritt im Gegensatz zu beispielsweise Thomas Hobbes die Auffassung, dass Menschen im Naturzustand grundsätzlich gut sind. Dazu passt der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." Diesem fühle ich mich selbstverständlich verbunden, ebenso Rousseaus Bild des mündigen Bürgers, der sich freiwillig dem idealen Gemeinschaftswillen unterwirft.

Helga König: Sie schreiben, dass weltweit noch immer 40 Millionen Menschen von Sklaverei betroffen sind. Davon 70% Frauen. Als Beispiel nennen Sie Zwangsprostitution. Welche Maßnahmen könnte man seitens der Weltgemeinschaft politisch ergreifen, um diesen Zustand zu ändern?

 Margarete Bause
Margarete Bause: Mit zunehmenden globalen Krisen steigt die Gefahr des Menschenhandels. Opfer von Menschenhandel müssen einen Anspruch auf aufenthaltsrechtlichen Schutz bekommen. Mit der – von Deutschland leider um mehrere Jahre verspäteten – Ratifizierung der Istanbul-Konvention im Februar 2018, einem Meilenstein im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, wurde bekräftigt, dass Schutz und Hilfe für Opfer ein Menschenrecht und staatliche Verpflichtung sind. Deswegen müssen nun weitere Schritte folgen: die sichere Finanzierung von Frauenhäusern, qualifizierte Notfallversorgung sowie gut geschulte Staatsanwaltschaften und Polizei. Außerdem können wir alle als Einzelne etwas dazu beitragen, die Dinge zum Guten zu verändern: indem Gewalt benannt und so das öffentliche Bewusstsein für die Existenz von Menschenhandel gestärkt wird.

 Helga König
Helga König: Sie haben auf Twitter am 23. November 2018 ein Foto gepostet, das Sie mit syrischen Frauen zeigt. Das Foto haben Sie wie folgt kommentiert: "Bewegender Austausch mit mutigen syrischen Frauen der Initiative #FamiliesforFreedom. Sie verlangen Aufklärung, was mit ihren Männern, Vätern, Söhnen geschehen ist, ob sie noch leben oder in den Folterkellern Assads ermordet wurden.“ Können Sie unseren Lesern Näheres zur Initiative #FamiliesforFreedom berichten? 

Margarete Bause: Der Mut dieser Frauen beeindruckt mich zutiefst. Sie wollen wissen, was mit ihren verschwundenen Ehemännern, Vätern, Söhnen oder Töchtern passiert ist. Ihre Angehörigen wurden von den Schergen des syrischen Machthabers Assad verhaftet, weil sie an Demonstrationen teilnahmen oder vielleicht nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Tausende sind verschwunden, stecken in Folterkellern, viele sind vermutlich bereits seit langem tot. Deutschland und andere Staaten – so das Anliegen der Frauen von "Families for Freedom" – sollen sich dafür einsetzen, dass Licht in diese Fälle kommt, dass der Druck auf das Assad-Regime erhöht wird und vor allem, dass es keine Straflosigkeit für schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit geben darf. In diesem Kampf möchte ich diese couragierten Frauen unterstützen. 

Helga König:. Ca. 1 Million Menschen sind in #Xinjiang willkürlich in Internierungslagern eingesperrt, erfährt man in einem Post der Grünen. Was bedeutet dies konkret für diese Menschen? 


 Margarete Bause
Margarete Bause: Menschen, die in Xinjiang in Internierungslagern inhaftiert sind, sind vollkommen willkürlich, ohne Haftbefehl, Gerichtsverfahren oder Kontakt zu einem Rechtsanwalt in diese Lager gebracht worden. Kinder werden von ihren Familien getrennt und in speziellen Heimen einer Gehirnwäsche unterzogen. In einem Bericht stellen die Vereinten Nationen fest, dass Xinjiang (oder Ostturkestan) im Nordwesten Chinas ein Gebiet der Rechtlosigkeit ist: Mittels modernster Technologien werden Menschen total überwacht, es ist ihnen verboten zu beten, ihre Moscheen werden abgerissen. Mit diesen Maßnahmen verfolgt die chinesische Regierung das Ziel, die Identität und Kultur der muslimischen Minderheiten auszulöschen. Deutschland und die internationale Gemeinschaft müssen handeln und alle Möglichkeiten nutzen, damit diese Lager geschlossen werden und die Verbrechen aufgeklärt werden. Außerdem muss für unabhängige Beobachter der Zugang in die Region sichergestellt und Geflüchteten hier in Deutschland Schutz und Asyl gewährleistet werden.

 Helga König
Helga König: Was unternimmt eine engagierte Menschenrechtlerin gegen die rassistische Hetze der Neonationalisten hierzulande? 

Margarete Bause: Das Wichtigste zuerst: Nicht einschüchtern lassen! Gerade online erliegt man schnell dem Gefühl, dass rassistische Hetzer in unserem Land die Oberhand haben. Dass dies falsch ist, zeigen Initiativen wie #ichbinhier, zivilgesellschaftliche Demonstrationen wie #unteilbar und nicht zuletzt die vielen ehrenamtlichen Helfer*innen in der Arbeit mit Geflüchteten. Mehr als jede*r zweite Bundesbürger*in hat sich in den vergangenen Jahren in der Geflüchtetenhilfe engagiert - fast jede*r Fünfte tut es auch heute noch. Dieses unglaubliche Engagement sollte man sich viel häufiger vor Augen führen. Ansonsten kämpfen engagierte Menschenrechtler*innen mit Fakten gegen Vorurteile; sie mischen sich ein, knüpfen Bündnisse, bilden sich und andere und verlieren auch in hitzigen Debatten nie den menschenrechtlichen Kompass, um nur ein paar Beispiele zu nennen. 

Helga König: Wo endet ihrer Meinung nach die in den Menschenrechten garantierte Religionsfreiheit?

 Margarete Bause
Margarete Bause: Das Recht jedes Menschen auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit muss gewährleistet werden – in Deutschland und weltweit. Religionsfreiheit ist ebenso elementar wie andere Grundrechte. Ob Bibel oder Koran, es gilt: Keine heilige Schrift steht über unserem Grundgesetz! Das bedeutet auch ein Nein zu Fundamentalismus, und ein Ja zum Schutz von Religion und vor Religion. Nur wenn wir das Recht auf Glaubensfreiheit aller Menschen schätzen und schützen, können wir Brücken bauen und den Dialog zur Stärkung der Menschenrechte wirksam vertiefen. 

 Helga König
Helga König: Wo endet Ihrer Meinung nach die Meinungsfreiheit im Netz? 

Margarete Bause: Ganz wie im analogen Leben: wenn unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Straftaten begangen werden. Wer andere Menschen beleidigt, verleumdet, zu Straftaten aufruft oder volksverhetzende Inhalte verbreitet, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden.

Helga König: Wie könnte man sinnstiftend für die Allgemeinen Menschenrechte in den sozialen Netzwerken werben? 

 Margarete Bause
Margarete Bause: Menschenrechte sind nicht nur etwas, das in UN-Deklarationen niedergeschrieben ist, sondern sie finden in unserem Alltag statt. Sei es, wenn meine Nachbarin rassistisch beleidigt oder bedroht wird oder wenn Menschen in Pflegeheimen vernachlässigt werden. Gerade auch auf Social Media kann man auf solche Missstände hinweisen oder gute Beispiele bekannt machen. Wichtig ist auch, dem Hass im Netz entgegenzutreten und die Angegriffenen zu unterstützen. Auch für internationale Petitionen und die Unterstützung von "Urgent Actions", beispielsweise von Amnesty International, eignet sich das Netz hervorragend. Hier kann jede*r selbst aktiv werden.

Liebe  Margarete Bause, ich danke Ihnen vielmals für das aufschlussreiche  Gespräch.

Herzlich Helga König

Foto von Margarete Bause:  Bundestagsbüro Margarete Bause, MdB 
margarete.bause.ma04@bundestag.de
www.margarete-bause.de
www.facebook.com/margarete.bause
www.twitter.com/MargareteBause

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