Liebe Britta Redmann, Sie sind Rechtsanwältin und verfügen über 20 Jahre Erfahrung im Arbeitsrecht. Zudem arbeiten Sie als Mediatorin, Coach, systemische Beraterin, NLP Master, Motivationsexpertin, Dozentin, Strukturaufstellerin und Speakerin und fallen im Netz als menschenfreundliche Zeitgenossin auf.
Helga König: Was fällt Ihnen spontan zu dem Begriff "MITEINANDER" ein?
Britta Redmann |
Britta Redmann: Verbindung, gemeinsam etwas machen, Zusammenwirken, zusammen etwas bewirken, Zusammenarbeit, Gruppe, Gemeinschaft, Gesellschaft, zugehörig sein, positives Gefühl, kraftvoll, stark….das erst mal so ganz spontan.
Helga König: Und was zu dem Begriff "WERTSCHÄTZUNG"?
Britta Redmann: Wertschätzung heißt für mich, den anderen in seinem Sein zu respektieren und zu achten – unabhängig davon, ob wir einer Meinung sind oder nicht.
Helga König |
Helga König: Sie schreiben auf Ihrer Homepage, dass Sie Menschen und Unternehmen darin unterstützen, Konflikte zu lösen. Wie darf man sich dies konkret vorstellen?
Britta Redmann: Bei Konflikten geht es immer um Menschen, ihre Bedürfnisse und ihre Beziehungen. Das ist im unternehmerischen Kontext - also im Arbeitsleben – nicht anders als im privaten Leben. Mir geht es darum, Konflikte ganzheitlich zu betrachten – also sowohl die rechtlichen Aspekte als auch die emotionalen Aspekte einzubeziehen. Hier wende ich neben der reinen rechtlichen Betrachtung unterschiedliche Methoden und Kenntnisse an, wie z.B. Mediation, Coaching oder auch systemische Werkzeuge, die dann eine ganzheitliche Lösung ermöglichen. Mein Ansinnen ist, denjenigen, die in einem Konflikt "stecken" und eine Lösung suchen, Wege und Ergebnisse zu ermöglichen, die auch außerhalb eines rechtlichen Rahmens gefunden werden können. Also letztendlich "Hardfacts" und Emotionen gleichermaßen zu berücksichtigen und mit den individuellen Bedürfnissen der handelnden Personen zu verbinden.
Helga König: Wie Sie mir berichtet haben, vermitteln Sie an der FA in Köln jungen Studenten (m/w) "Wirtschaftsethik". Können Sie den Lesern kurz erläutern, worum es Ihnen dabei geht und wie die Studenten (m/w) auf ethische Überlegungen dieser Art in der Regel und in Ausnahmen reagieren?
Britta Redmann |
Britta Redmann: Im Wesentlichen geht es in der Vorlesung darum, das Spannungsverhältnis von ökonomischen und ethischen Handlungen zu verstehen und sich mit möglichen Konflikten zwischen Ethik und Wirtschaft auseinander zusetzen. Also z .B die Verbindung zwischen Wirtschaft und Moral genauer in den Blick zu nehmen oder auch Fragen und Organisation des Managements zu unternehmerischer Verantwortung zu behandeln. Welche Rolle spiel z.B. "Moral" oder Sitte in der Wirtschaft und gibt es ggf. allgemeingültige Wertvorstellungen, die wir unserem – wirtschaftlichen – Handeln zugrunde legen können? In dem Rahmen beleuchten wir ganz verschiedene – möglichst auch aktuelle - Aspekte. Ein sehr interessantes Thema ist in diesem Zusammenhang z.B. die Beschäftigung damit, was ein "faires Gehalt" ist oder besser, was jeder einzelne darunter versteht und welche unterschiedlichen Perspektiven hier aufeinanderprallen können.
Helga König |
Helga König: Begreifen Sie innerbetriebliche Konflikte als Ergebnis mangelnder Wirtschaftsethik oder haben solche Konflikte andere Ursachen?
Britta Redmann: Ich denke, das gilt sowohl als auch. Konflikte können z.B. daraus entstehen, dass unterschiedliche Wertvorstellungen vorliegen – sie haben ihre Ursache jedoch genauso aus rein menschlichen Bedürfnissen oder Verletzungen heraus, die ganz unabhängig sind von ethischen Perspektiven. Ob hier etwas häufiger oder seltener vorkommt vermag ich nicht einzuschätzen.
Helga König: Sind Hierarchien Ihrer Meinung nach augenhöhenfeindlich?
Britta Redmann |
Britta Redmann:Nein. Augenhöhe entsteht meiner Meinung nach durch den Umgang miteinander. Ich kann auf Augenhöhe kommunizieren und zusammen arbeiten auch wenn ich mich auf unterschiedlichen Hierarchie- oder Funktionsebenen bewege. Der Mensch als solcher und die Wertschätzung des Menschen als solches hat nichts mit seiner Hierarchiestufe zu tun. Sehr oft wird jedoch die Wertigkeit eines Menschen mit seiner Hierarchiestufe gleichgesetzt. Menschen, die davon ausgehen, dass jemand auf einer höheren Position ein besserer Mensch ist, - bzw. ein schlechterer auf einer niedrigeren Stufe - werden dies in ihrem Handeln zum Ausdruck bringen.
So kommt es zu unterschiedlichen Behandlungen im Miteinander und in Folge dann auch, dass sich einige besser und andere schlechter fühlen. Das dies so ist, hat aber nicht automatisch mit einer hierarchischen Struktur zu tun, sondern mit dem, welche Bedeutung Menschen einer solchen Struktur beimessen. Ein Miteinander auf Augenhöhe hat ganz entscheidend etwas mit meiner eigenen Einstellung zu Menschen zu tun – und nicht automatisch mit Strukturen. Natürlich erleichtern und fördern aber partizipative Strukturen und Netzwerke einen gleichberechtigen Umgang viel stärker als dies ggf. bei hierarchischen Strukturen der Fall ist. Wenn es also auf eine gleichberechtigte Zusammenarbeit ankommt, dann macht es schon viel Sinn, entsprechende Strukturen zu schaffen, die diese begünstigen.
Helga König |
Helga König: Wie sollte eine demokratische Unternehmenskultur ausschauen, die diesen Namen verdient?
Britta Redmann: Das ist pauschal nicht so einfach zu beantworten. Meiner Meinung nach, hat die Kultur des Unternehmens auch immer etwas mit dem "Zweck, dem Sinn, dem Kern" des Unternehmens zu tun. Also, warum gibt es dieses Unternehmen?
Insofern glaube ich, dass es nicht "die" richtige demokratische Kultur gibt – es muss halt immer auch zum Zweck des Unternehmens passen. Wichtig ist jedoch bei jeglicher Form der Partizipation, dass diese wirklich von allen Beteiligten akzeptiert und möglichst mitgestaltet oder mitgestaltbar ist.
Helga König: Sie haben u.a. einen vielgelesenen Praxisleitfaden für freiwillig engagierte Menschen verfasst. Der Titel heißt "Erfolgreich führen im Ehrenamt". Worum geht es Ihnen in diesem Buch?
Britta Redmann |
Britta Redmann: In meinem Buch geht es darum, wie dem Miteinander und der Beziehung untereinander eine entscheidenden Bedeutung für das Gelingen einer ehrenamtlichen Organisation oder eines Projektes zukommt und wie sich ehrenamtliches Engagement zukunftsfähig gestalten kann. Wir leben aktuell in bewegten Zeiten und durch starke Trends wie die Digitalisierung, Wertewandel oder auch den demografischen Faktoren verändert sich unser Beziehungsverhalten und es entstehen andere, vielseitige Möglichkeiten aufeinander zuzugehen. Das hat natürlich auch Auswirkungen im Ehrenamt: hier verändern sich genauso Dienstleistungen oder Kontaktmöglichkeiten. Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach persönlichem Kontakt ein zutiefst menschliches und das "Miteinander" wird für ein erfolgreiches freiwilliges Zusammenwirken immer wichtiger. Wie ein solches gut funktionieren kann, welche unterschiedlichen Bedürfnisse es hier gibt, was besondere Herausforderungen im ehrenamtlichen Engagement vorhanden sind und auch welche Kernkompetenzen und besondere Qualitäten dabei gefragt sind, damit beschäftige ich mich in meinem Buch. Neben vielen Beispielen, Umsetzungshilfen und Fallstudien gibt es auch jede Menge persönliche Erfahrungsberichte von ehrenamtlich Engagierten aus ganz verschiedenen Bereichen, die ganz pragmatisch von ihrem "Miteinander" erzählen und – wenn gewollt - einen leichten Transfer in den eigenen Alltag ermöglichen.
Helga König |
Helga König: Sind Menschen, die ehrenamtlich etwas tun, aufgeschlossener für ethische Fragestellungen?
Britta Redmann: Aus meiner bisherigen Erfahrung steht dies nicht in einem zwingenden Zusammenhang. Es gibt ganz unterschiedliche Motivationen, warum sich Menschen ehrenamtlich engagieren. Das können ganz praktische Erwägungen sein, wie z.B. ein besonderes Bedürfnis, eigene Themen zu gestalten, sich Wissen anzueignen oder weiterzugeben oder einfach auch, mit anderen gemeinsam etwas zu bewegen. Hier geht es ganz menschlich um Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Sinnhaftigkeit, Spaß und auch Erfolg. Dabei spielen ethische Fragestellungen nicht unbedingt eine Rolle.
Helga König: Was fällt Ihnen zu den Begriffen "Wertewandel", "Kollaboration" und "Kulturveränderung" ein?
Britta Redmann |
Britta Redmann: Das sind Einflüsse und Veränderungen, die sich derzeit stark in der Arbeitswelt vollziehen. Warum ich etwas und wie ich etwas tue, wird zunehmend für viele Menschen wichtiger. Kollaborative Arbeitsformen, die also auf eine vernetzte und gemeinsam ausgerichtete Zusammenarbeit bauen – so wie es beispielsweise beim agilen Arbeitsgedanken der Fall ist – werden zunehmend zu wichtigen Erfolgsfaktoren für Unternehmen. Es ist absolut erforderlich in unseren schnelllebigen Zeiten, Informationen. Wissen und Erfahrungen gleichzeitig untereinander zu teilen. Dafür braucht es ein vernetztes Zusammenwirken. Und damit dieses auch wirklich erfolgreich funktionieren kann, braucht es wiederum eine Kultur, die Vernetzung nicht zur zulässt sondern auch fördert. Insofern geht alles miteinander einher.
Helga König |
Helga König: Welche Probleme sehen Sie im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung für Menschen im Erwerbsleben und welche für alte Menschen?
Britta Redmann: Egal, ob ich im Erwerbsleben stehe oder älter bin – wir werden nicht umhin können, uns stärker als bisher mit Veränderungen anzufreunden und zu lernen, immer besser mit ihnen umzugehen. Das gilt im Prinzip für alle – es gibt keine Ausnahmen.
Helga König: Welche Möglichkeiten bieten Ihnen die sozialen Netzwerke, ethisches Denken weiter zu vermitteln?
Britta Redmann |
Britta Redmann: Viele persönliche Kontakte, die mein Leben bereichern sind tatsächlich über soziale Netzwerke zustande bekommen. Dank sozialer Netzwerke kann ich viel schneller meine Gedanken, Ideen, Meinungen hierzu teilen und natürlich auch Gleichgesinnte oder Austauschpartner finden. Soziale Netzwerke bieten unendlich viele Möglichkeiten für Impulse und Anregungen und damit auch zu einer eigenen Weiterentwicklung.
Liebe Britta Redmann, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Gespräch.
Herzlich Helga König
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